Durch die Begrenzung unserer Zeit in Nepal mit dem 30-Tage-Visum stand fest, dass wir am 6. November ausreisen müssen. Also machten wir uns am 5.11. auf nach Nepalgunj, einem wenig schönen, sehr lauten Ort an der nepalesisch-indischen Grenze. Nach unserer teuersten Übernachtung (16€) in einem richtigen, echten Hotel bestiegen wir am 6. November eine Rikscha, die uns zur Grenze bringen sollte. Der Fahrer fuhr immer weiter bis uns schließlich ein Polizist herausfischte. Wir mussten uns in ein Buch eintragen und er wollte unseren Ausreisestempel aus Nepal sehen. Den hatten wir aber noch gar nicht. Also fuhren wir wieder ein Stückchen zurück und gingen ins Immigration Office und holten uns dort den benötigten Stempel ab.
Grenzüberquerung per Rikscha
Nachdem diese Formalitäten erledigt waren, durften wir offiziell die Grenze überqueren - weiterhin in der Rikscha! Wir wurden wieder angehalten und unsere Rucksäcke wurden gründlich durchsucht. Vor allem Franzis Kontaktlinsenflüssigkeit rief Skepsis hervor, letztendlich konnten wir aber wieder in unsere Rikscha steigen und weitertuckern. Nächster Halt war dann das offizielle Büro (ein kleiner, vollgestopfter Raum) der indischen Regierung, indem wir erneut Formulare ausfüllen mussten und der nette Beamte übertrug das dann per Hand in ein großes Buch.
Danach stiegen wir ein letztes Mal in die Rikscha und wurden zum Busbahnhof von Rupaidiya gekarrt, eine Mini-Stadt kurz hinter der Grenze. Man hätte das Ganze auch laufen können, aber unser Fahrer war hoch motiviert, uns bis zum nächsten Transportmittel zu bringen. Am Busbahnhof wurde uns dann erzählt, dass der direkte Bus zur nächstgrößten Stadt in Indien (Lakhnau) nicht mehr fährt. Jetzt hatten wir ja schon viel über die Methoden gelesen, die angewendet werden, um Touristen in irgendwelche Hotels zu locken (Hotel abgebrannt, Straße gesperrt etc.) und nahmen erst einmal an, dass das auch eine davon war. War aber gar nicht so!
Busfahrt von Rupaidiya nach Lakhnau
Ein netter Inder erklärte uns, wie wir stattdessen nach Lakhnau kommen, setzte uns in den ersten Bus und erklärte dem Kassierer, wo wir hinwollen. Total nett! Skepsis überflüssig. Und dann die zweite Überraschung: Busfahren in Indien ist echt gemütlich! Zumindest im Vergleich zu den Bussen in Nepal. Wir sind in einen staatlichen Bus gestiegen und haben nur 1,50€ für eine 1,5-stündige Fahrt nach Bahraich bezahlt. Im Bus befand sich ein netter Inder, der selbst kein Englisch sprach, aber seine Tochter übersetzte für ihn. Die beiden nahmen uns unter ihre Fittiche und halfen uns in Bahraich, den Bus nach Lakhnau zu finden.
Als Matthias kurz zu den Toiletten entschwand, startete unser Busfahrer plötzlich den Motor und fuhr los. Franzi geriet leicht in Panik und wurde von dem netten indischen Mädchen beruhigt, Papa würde schon aufpassen. Tat er auch und wir konnten die Weiterreise zu zweit antreten :) Der indische Papa sorgte auch sonst für unser Wohl, kaufte uns Wasser und bei einer kurzen Pause Bananen. Geld wollte er dafür nicht annehmen. Und bevor die beiden aus dem Bus entschwanden, gaben sie uns noch mit auf den Weg, wie viel wir höchstens für eine Rikscha in Lakhnau bezahlen sollten. Wir waren total begeistert von diesem Start in Indien! Super freundlich, total hilfsbereit und umsorgend. Alles, was die beiden dafür haben wollten, war ein Selfie mit uns.
Ankommen in Indien
In den Tagen in Lakhnau stand für uns das Ankommen im neuen Land und die Planung unserer weiteren Reise in Indien im Vordergrund. Wir konnten am zweiten Tag einen Zug nach Agra buchen und suchten uns eine schönere Unterkunft als die erste. So fanden wir uns für drei weitere Nächte in Lakhnau im Homestay wieder. Dort wurden wir auch als Walk-in Gäste ohne Vorbuchung sehr nett empfangen und ein Zimmer für uns organisiert. Die Unterkunft hat tolle Gemeinschaftsräume und versorgt einen mit hilfreichen Tipps vor Ort. Außerdem hatten wir endlich mal wieder einigermaßen gutes Internet, das war für die weitere Planung echt super!
In Lakhnau sind wir viel durch die Straßen gelaufen, durch den Smog und das nicht enden wollende Gehupe der Rikscha-, Motorrad-, Auto- und Busfahrer. Es war wuselig, voll und laut. So ungefähr hatten wir uns Indien auch vorgestellt. Lakhnau ist die Hauptstadt des Bundesstaates Uttar Pradesh und bekannt für sein gutes Essen. Gegessen haben wir tatsächlich gut beim Tundai Kebab. Hier haben wir Lamm-, Büffel- und Hühnchen-Kebab probiert, zusammen mit fantastisch gewürztem Naan (eine Art Fladenbrot). Ansonsten waren wir sehr vorsichtig mit dem Essen, haben die zum Teil himmlisch duftenden Straßenstände sicherheitshalber (erst mal) ausgelassen.
Aufgrund der Finanzkrise beschäftigte uns in den ersten Tagen auch die Beschaffung von Bargeld immer wieder. Und es prägte auch unseren Alltag. Wir konnten die Residenz in Lakhnau nicht besuchen, weil wir nicht genug kleine Scheine dafür hatten und die großen nicht genommen wurden. Wir aßen bei McDonalds, weil wir dort mit Visakarte bezahlen konnten.
Heritage Walking Tour - Unser Highlight in Lakhnau
An unserem letzten Tag in Lakhnau konnten wir dann aber noch ein Highlight erleben: eine Heritage Walking Tour durch die Altstadt. Zusammen mit 3 Engländern, die mit uns im gleichen Homestay wohnten, trafen wir unseren Guide am frühen Morgen vor einer Moschee. Über die nächsten zweieinhalb Stunden lief er mit uns durch die engen Gassen, erzählte uns etwas über das tägliche Leben der Inder, zur Geschichte und Religion.
Bara Imambara
Begonnen haben wir bei einer Moschee und sind dann zum Bara Imambara gegangen, eine muslimische Gedenkstätte, die im Obergeschoss ein Labyrinth beinhaltet. Das Gebäude war beeindruckend. Wir erfuhren, dass es aus unzähligen winzigen Ziegelsteinen besteht, die außen mit Sandstein verputzt sind. Der Taj Mahal ist übrigens genauso aufgebaut, nur von außen mit Marmor verkleidet ;)
Über den lokalen Blumenmarkt und nach einem kurzen Stopp für Chai-Tee im Tonbecher ging es dann in die kleinen Gassen der Altstadt. Auf wenig Fläche spielte sich hier früher das ganze Leben ab. Man kann auch heute noch alles dort kaufen, ob Kleidung, Essen, Gewürze oder Parfüm. Wir sahen uns versteckte, kleine Tempel an und lernten etwas über die Götter. Indien hat so viele Götter, dass man irgendwann gar nicht mehr durchsieht. Deswegen haben wir uns entschieden, uns fürs Erste zwei zu merken: Ganesh, der Gott, der aussieht wie ein Elefant und einer der populärsten Götter Indiens ist. Er ist der Sohn von Shiva, ebenfalls einer der wichtigsten Götter, der Zerstörung aber auch Entstehung verkörpert.
Lokale Medizin in Lakhnau
Wir lernten aber auch, dass es in Indien vier Medizinrichtungen gibt. Dazu gehört die traditionelle Schulmedizin, Ayurveda, Homöopathie und Unani. Unani basiert hauptsächlich auf pflanzlicher Basis und wurde von den Muslimen eingeführt. Wir konnten die toll riechenden Gewürze und Kräuter bestaunen und erfuhren, dass die Menschen im Unani Hospital für nur 30 Rupie (ca. 40 Cent) Medizin für eine ganze Woche bekommen. Das ist auch für die Ärmsten erschwinglich und führt dazu, dass es viele ambulante Patienten gibt. Früher hat das älteste Krankenhaus der Stadt auch stationäre Patienten gehabt.
Lakhnau ist auch bekannt für die Stickereien auf den Kleidungsstücken. Wir haben einen Einblick in die verschiedenen Schritte des aufwändigen Prozesses bekommen. Die Kleidungsstücke werden zunächst mit Mustern bedruckt. Dazu werden große Holzstempel mit Farbe auf die Stoffe gedrückt. Die Stickerinnen und Sticker nutzen diese Muster als Vorlage für das Sticken. Ist die Stickerei fertig, wird der Stoff gewaschen, um die Spuren der Farbe zu entfernen. Für Hobbynäherin Franzi war es besonders spannend, diesen Prozess zu beobachten. Was für eine Fummelarbeit!
Indisches Essen
Ein weiteres Highlight der Walking Tour waren die Erklärungen zum Essen! Wir probierten ein frisches Kulcha (eine Art Blätterteigbrot), das gerade über dem Feuer gebacken worden war. Außerdem lernten wir, was die Inder in ihren riesigen Pfannen da leckeres verkaufen. Die Süßspeise Makhan Malai wird mit Milch zubereitet und oben drauf liegen kleine Silberblätter. Das Silber wird dafür vier Stunden lang flach geklopft! Wir haben uns wegen der bevorstehenden Zugfahrt nicht getraut, den Süßkram zu probieren, wollen es aber definitiv nachholen.
Dieser geführte Spaziergang war eine große Bereicherung und hat dem Aufenthalt in Lakhnau ein tolles Ende bereitet. Die Einblicke in die Geschichte, Religion und den Alltag dieses Landes haben unsere Neugierde noch verstärkt und Lust gemacht auf alles, was da in den nächsten Wochen noch so kommt.
Und wie immer hatten wir die Kamera nicht nur zum Fotografieren sondern auch zum Filmen dabei. Kommt mit uns auf die indischen Straßen, ins Gewusel zwischen Kühen, Motorrädern und Rikschas! Lasst uns gerne einen Kommentar da und erzählt uns, wie es euch gefallen hat.
Hallo ihr Beiden,
euer Blog ist mir beim Vorbereiten meines Sabbatjahres eine große Hilfe! Sagt mal, wie seis ihr denn an das Visum für Indien gekommen? Hattet ihr das schon vorher beantragt? Wir wollen auch von Nepal nach Norfindien reisen. Danke für euren Tipp…alles Gute und reichlich Abenteuer . Liebe Grüße aus Köln…Evelyn
Hallo Evelyn,
das freut uns total, wenn wir dir mit unseren Informationen weiterhelfen können :) Wir hatten das Visum für Indien noch in Deutschland beantragt – bei der Botschaft in Hamburg direkt. Im Übersichtsartikel zu Indien (https://spontanumdiewelt.de/indien-unsere-tipps-und-reiseinformationen/) haben wir mehr zum Visum geschrieben, hilft dir das weiter? Du kannst auch unterwegs ein e-Visum beantragen, das gilt dann aber für max. 30 Tage.
Ganz viel Spaß für eure Reise durch Nepal und Indien. Und falls weitere Fragen offen sein sollten, immer her damit ;)
Liebe Grüße aus Mexico, Franzi & Matthias