Noch bevor wir überhaupt nur einen Fuß auf chilenischen Boden gesetzt hatten, haben wir beschlossen: in den Süden reisen wir nicht, dafür ist jetzt einfach nicht die richtige Reisezeit und wir sind absolut nicht für Kälte und Dauerregen ausgestattet. Nach einer Woche Gehirnwäsche bei Martin in Santiago und den fantastischen Erzählungen von ihm und seinen Freunden vom Süden.. was sollen wir sagen: Heeeeyyy, ab in den Süüüüdeeen, dem Winter hinterher, ey yo was geht?!
Spontane Planänderung
Generell steht Patagonien schon auf unserer Liste der Wunschziele. Aber eigentlich heißt es immer: Reisezeit zwischen November und Februar.. und wir haben jetzt Mai, sind also schon ein ganzes Stückchen davon entfernt. Wieso wir jetzt trotzdem in den Süden aufbrechen? Wir versuchen, es zu erklären. 1. Wir können uns Martins Auto mit Allradantrieb leihen und somit selbstbestimmt durch die Gegend fahren. 2. Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung! 3. Wann hat man schon einmal die Möglichkeit, Patagonien zu sehen?!? Jetzt stell dir noch die Chilenen vor, die das mit voller Inbrunst vortragen und dir von der tollen Natur erzählen und schwups, befindest du dich auf einem Roadtrip ans Ende der Welt!
Vorbereitungen unseres Roadtrips nach Patagonien
Als allererstes kauften wir uns Daunenjacken, die sich klein packen lassen und von nun an zu unserem Handgepäck dazugehören. In Nepal hatten wir sie für die Wanderung im Himalaya noch in "Nepal-Qualität" gekauft und zurückgelassen. Dieses Mal sind es gute geworden, die uns hoffentlich ordentlich warm halten. Dazu haben wir uns noch Mütze und Handschuhe gegönnt. Da wir unsere Reise auch wieder in Videos festhalten wollen, benötigten wir ein kleines Kamerastativ, weil unseres ja leider im Canyon in Nicaragua schwimmt. Dann kauften wir noch einen zweiten Akku für die Go Pro und eine SIM-Karte. Das hört sich jetzt nach wenig an. Aber das Zusammensuchen der richtigen Sachen hat uns in die zwei größten Malls Santiagos geführt und einige Nerven gekostet!
Eine weitere wichtige Angelegenheit mussten wir bei einem Notar klären. Und das läuft in Chile ganz anders ab als in Deutschland. Hier geht man in ein Notarbüro, zieht eine Nummer, erzählt einer Sachbearbeiterin sein Anliegen, bezahlt dafür und bekommt es dann innerhalb der nächsten 20 bis 30 Minuten ausgehändigt. Das liegt wohl daran, dass die Chilenen sich untereinander nicht allzu sehr trauen und daher alles immer notariell beglaubigen lassen. Ist, soweit wir das beurteilen können, ein florierendes Geschäft! ;)
Weil wir auf unserem Roadtrip eventuell auch nach Argentinien fahren wollten, benötigten wir vom Notar ein beglaubigtes Schreiben, dass wir das Auto offiziell fahren dürfen - soll ja keiner denken, wir hätten die Karre geklaut! Die zusätzliche Versicherung für Argentinien kann man (wenn man der spanischen Sprache mächtig ist) übrigens ziemlich kurzfristig im Internet abschließen.
Von Santiago nach Puerto Montt - die ersten 1000 Kilometer
An einem Samstagmittag brachen wir auf. Die Matratze legten wir auf die umgeklappten Sitze, unsere Bettsachen und Rucksäcke packten wir drauf und los ging es. Einkaufen konnten wir unterwegs ja immer noch, Hauptsache erstmal losfahren. Das lief für ungefähr 30 Minuten auch richtig gut bis wir in Santiago in einen mega Stau geraten sind. Riesiger Unfall, großes Tatütata und wir haben kaum etwas verstanden, das uns auf den blinkenden Schildern geraten wurde. So fuhren wir an jeder Umgehung konsequent vorbei und immer weiter auf die Unfallstelle zu. Dadurch sahen wir unfreiwillig auch die im Unfall verwickelten Fahrzeuge und waren ziemlich geschockt, das sah ganz bösartig aus!
Erster Halt in San Javier - Camping mit Folgen
Nach Santiago kamen wir aber gut voran, folgten immer der Panamerica Sur bis nach Linares. Hier hatte Franzi online einen Campingplatz gefunden, der das ganze Jahr über geöffnet sein sollte. Also erledigten wir unseren Einkauf und steuerten den Campingplatz Las Islas an. Als wir es im zweiten Versuch zum großen Eingangstor schafften, standen wir vor verschlossenen Türen. Die angegebene Nummer konnten wir nicht anrufen und unter dem Eingangsschild hing ein Verkaufsschild. Na super! Mittlerweile wurde es dunkel und Campingalternativen in der Umgebung gab es nicht.
Matthias sprach schließlich einen Mann an, der das ganze Dorf zu kennen schien und in seiner schier unendlichen Kontaktliste im Handy fröhlich einen nach dem anderen durchtelefonierte bis er die richtige Person erreicht hatte. Die sagte, das Tor sei doch auf und so fuhren wir wieder zum Campingplatz. Dieses Mal nahm Matthias das Tor in Augenschein und siehe da - es ging auf! Freundlich wurden wir von einem älteren Ehepaar empfangen und hatten freie Stellplatzwahl auf dem sonst leeren Gelände.
An einem kleinen Tisch bereiteten wir unser Essen zu und Matthias nutzte den Strom zum Video schneiden. Später kuschelten wir uns in unser Autobett und verbrachten eine gar nicht so schlechte erste Nacht darin. Nach dem Frühstück und einem kurzen Spaziergang am Morgen konnte es also weitergehen. Wenn da nicht so hässliche kleine rote Lämpchen aufgeblinkt hätten! Das Auto zeigte uns an, dass etwas mit dem Motor nicht in Ordnung sei und laut Handbuch müsste man unverzüglich zur nächsten Werkstatt fahren.
Auf der Suche nach einer Werkstatt
Blöderweise war es Sonntag. Und wenn auch die Malls und Supermärkte in Chile häufig am Sonntag geöffnet sind, ein Toyotahändler war es nicht. Da das Auto problemlos fuhr, tingelten wir von einer größeren Stadt zur nächsten und blieben schließlich in Temuco um dort am nächsten Morgen direkt die Werkstatt aufzusuchen. Fehlte nur noch der Campingplatz. Etwas außerhalb der Stadt erzählte uns Google, dass es einen Campingplatz gebe und so fuhren wir hin. Was wir vorfanden war ein Fußballfeld mit Vereinshalle und einer großen Wiese davor. Der Besitzer erklärte uns, dass wir die Toilette der Vereinshalle nutzen könnten und uns einfach auf die Wiese stellen sollten. Da er dafür nur 5000 Pesos (7€) haben wollte, übernachteten wir auf diesem skurrilen "Campingplatz".
Am nächsten Morgen führte unser erster Weg in die Werkstatt, wo uns nach kurzer Analyse mitgeteilt wurde, dass eine Maus sich durch ein Kabel gebissen hätte. Alles nicht so dramatisch, für den Vierradantrieb aber nicht so gut. Wir entschlossen uns zur Reparatur, die 3 Stunden dauern sollte. Es war 10.30 Uhr und der nette Mitarbeiter erklärte uns, dass wir das Auto dann abends abholen könnten. Wenn du jetzt auch gerade angestrengt nachrechnest, wie das kann: Auf die Lösung kommst du nicht! Von 13 bis 15 Uhr ist Mittagspause und deswegen dauert die Reparatur bis abends. :D
Vorbereitung die Zweite in Puerto Montt
Wir wollten so lange nicht warten und fuhren weiter bis Puerto Montt. Hier brachten wir das Auto nachmittags in die Werkstatt und konnten es am Abend wieder abholen. In der Zwischenzeit hatten wir die Promenade am Meer erkundet und uns eine Unterkunft organisiert. So hatten wir mal wieder ein warmes Zimmer, eine heiße Dusche und mehr Platz zum Schlafen.
Unser zweiter Tag startete mit strahlendem Sonnenschein, dem freien Blick auf einen schneebedeckten Vulkan und weitere Berge in der Ferne. Wir verbrachten den Tag mit weiteren Vorbereitungen, machten einen Großeinkauf, deckten uns noch mal mit Wollsocken und Schals ein und füllten Ersatzbenzin in unseren Wasserkanister ab. Wir holten uns Informationen zu den umliegenden Nationalparks und fühlten uns nun gewappnet für die Weiterreise Richtung Süden.
Mit einem guten Gefühl spazierten wir daher noch einmal durch die Straßen von Puerto Montt und ließen uns im Puerto Frito, einem kleinen Restaurant im Fischmarkt am nördlichen Ende der Stadt eine riesige Portion frischen Fisch schmecken. Dazu hatten wir eine grandiose Aussicht über die Stadt und das Meer. Die Berge in der Ferne schienen förmlich nach uns zu rufen und die Vorfreude auf Patagonien stieg immer mehr an.